Nach Hiroshima ging es weiter nach Nagasaki, eine weitere Stadt die während des zweiten Weltkriegs beinahe vollständig durch eine Atombombe zerstört wurde. Allerdings hat sie noch viel mehr zu bieten als die dunkle Geschichte. Ich freute mich auf eine der angeblich besten Aussichten Japans auf den Hafen bei Nacht, Champon-Nudelsuppe und die Mischung aus japanischen und westlichen Kulturen, durch die Geschichte als Handelshafen geprägt. In Nagasaki wollte ich zwei Nächte bleiben.
Nagasaki war nicht ganz so einfach zu erreichen. Eine direkte Shinkansen-Verbindung gibt es nicht, da die Schnellzugstrecken auf Kyushu (der Teil Japans, auf der Nagasaki liegt) noch nicht vollständig ausgebaut sind. Die Fahrt von Hiroshima aus war trotzdem relativ einfach zu bewerkstelligen – es ging erst nach Hakata / Fukuoka mit dem Shinkansen direkt, und dann einfach mit einem anderen Zug weiter, inkl. einem weiteren Umstieg in eine kurze Shinkansen-Strecke für die letzten 30 Minuten, perfekt aufeinander abgestimmt. Insgesamt hat das auch nur 2,5 Stunden gedauert.
Für die Zugfahrten auf Kyushu habe ich mich für den Northern Kyushu Railpass entschieden. Lediglich das Shinkansen-Ticket von Hiroshima nach Hakata / Fukuoka habe ich extra gekauft. Alle weiteren Fahrten nach Nagasaki und später von Nagasaki bis Fukuoka waren durch den Kauf des 3-tägigen Railpasses günstiger als im Einzelkauf (zumindest als ich gefahren bin). Alle Infos zu den Kyushu-Railpässen und auch die Kaufmöglichkeit direkt online findet ihr auf der Webseite von JR Kyushu.
Vor Ort muss die ausgedruckte Reservierungsbestätigung zusammen mit der verwendeten Kreditkarte (wichtig!) an einem JR-Schalter vorgelegt werden, um den Railpass ausgehändigt zu bekommen. Das ging bei mir problemlos in 20 Minuten direkt am Bahnhof Hakata, nachdem ich aus Hiroshima angekommen bin. Ich konnte dann direkt damit weiterfahren.
Ankunft im Deijima District und Goto Udon
In Nagasaki selbst habe ich mir ein Hotel recht nah am Wasser in Dejima ausgesucht. In dieser Gegend ist man auch nah an Chinatown und vielen spannenden Restaurants. Das Hotel Belleview Deijima ist hier auf Booking zu finden, relativ preiswert, und vom Bahnhof aus zu Fuß zu erreichen. Ich bin die 800m mit dem Koffer gegangen, aber es hält auch eine Tram direkt vor der Tür.
Das erste Zimmer, das mir gegeben wurde, war allerdings nicht akzeptabel: Die Frontfenster sind offenbar nicht schallgeschützt und der Straßenlärm war unerträglich. Wie man dort nachts schlafen kann, war mir schleierhaft. Auch von einer schönen Aussicht („belle view“) war nichts zu sehen. Netterweise konnte ich aber in ein seitwärts gelegenes Zimmer wechseln, und dort war es komplett ruhig. In diesem Hotel war auch das Personal superhilfreich und nett, und das japanische Frühstück richtig gut. Es gab sogar Natto (fermentierte Sojabohnen).
Nur ein paar Schritte weiter habe ich dann einen Speciality Coffeeshop (Kariomons Coffee) entdeckt. Richtig stylish im Industrial-Design und vielen verschiedenen Röstungen zur Auswahl. Hier musste ich direkt einen Stopp einlegen, bevor ich kurz danach eine der besten Nudelsuppen dieser Reise essen durfte. Im Dashibonzu (Google Maps) hatte ich Goto Udon, dickere Udon-Nudeln in einer Dashi-Brühe (Fischbrühe). Das hatte ich bisher noch nicht gesehen, und die Brühe war so aromatisch! Eine der besten Suppen bisher in Japan. Dazu hatte ich ein Set Reis mit verschiedenem rohem Fisch bestellt. Ich glaube ich bin im Food-Himmel angekommen in diesem kleinen, eigentlich einfachen Restaurant. Definitiv eine Empfehlung für Nagasaki!
Große Nagasiki-Runde von Deijima bis auf den Mount Inasa
Heute wollte ich Nagasaki erkunden, natürlich zu Fuß. Da die Stadt in einer Bucht liegt und umgeben von Bergen ist, war sie naturgemäß recht hügelig. Den nächsten Lauf gibt es daher erst in Fukuoka . Das Wetter spielte mit, es gab Bilderbuchwetter und Sonnenschein.
Mit Komoot habe ich mir einen schönen Spaziergang zusammengebaut, der die ganze Hauptsehenswürdigkeiten außer den Peace Park beinhaltet, am Ende des Tages sollte es auf den Mount Inasa gehen. Zum Start bin ich erst einmal ein wenig duch Deijima gegangen. Der Stadtteil ist geprägt von europäischer Kultur, denn diese Insel würde früher künstlich angelegt und war das Handelszentrum zwischen Japan und Europa. An der Deijima Wharf habe ich mir erstmal Kaffee und Kuchen (was sonst ;)) gegönnt, denn es war einfach wunderschön hier ein wenig aufs Wasser zu schauen.
Danach ging es durch den Seaside Park erst einmal ins Gunkanjima Digital Museum. Hashima bzw. Gunkanjima ist eine verlassene Insel vor Nagasaki, auf der von 1887 bis 1974 unterirdisch Kohleabbau betrieben wurde. Zur Blütezeit des Bergbaus 1959 lebten laut Wikipedia „mit 83.476 Einwohnern pro km² eine der höchsten jemals aufgezeichneten Bevölkerungsdichten der Welt“ auf der 6,3ha kleinen Insel. Neben kleinen Wohnungen gab es auch sonst alles zum Leben auf der Insel: Schule, Polizei, Einkaufsmöglichkeiten etc.
Die Insel wurde 2015 zum Unesco Weltkulturerbe erklärt. Wer den James Bond Film „Skyfall“ gesehen hat: Einige Szenen spielten auf der Insel (wenn auch nicht wirklich dort gedreht). Man kann die verlassene Insel mit speziellen Bootstouren besuchen, dies hängt aber auch immer von der jeweiligen Wettersituation ab und muss immer einige Zeit im Voraus gebucht werden. Ich habe mir das Ganze stattdessen im zugehörigen Digital Museum angeschaut, hier konnte man auch eine virtual reality tour über die langsam verfallenen Gebäude dort unternehmen, was wirklich cool war.
Auf geht’s weiter bis zur Oura Kirche. Diese Kirche wurde 1853 von einem französischen Missionar erbaut und ist die älteste christliche Kirche in Japan. Und schon stand die erste heftigere Steigung an: Insgesamt fast 200 Höhenmeter ging es mitten in der Stadt hinauf in den Mt. Nabekanmuri Park. Hier steht eine Aussichtsplattform, über die man einen schönen Blick über Nagasaki hat. Das ganze ist kostenlos. Viel los war nicht, ein weiterer Spaziergänger war unterwegs. Die Wege rauf und runter waren aber echt spannend, es ging kleine Wege und Stufen durch Häuserschluchten und Wald.
Von Chinatown war ich überrascht, denn es war deutlich kleiner als ich erwartet habe. Kaum war ich drin, war ich auch schon wieder raus au der Straße. Aber es gab viele Restaurants und Geschäfte, die meisten hatten allerdings geschlossen.
Sehr schön war dann der Spaziergang entlang des Nakashima Flusses. Hier gibt es einige Schreine zu sehen sowie alte Steinbrücken, die den Fluss überspannen.
Über den Suwa Schrein, einer der bekanntesten in Japan, bin ich dann quasi per Zufall am 26-Märtyrer-Denkmal gelandet, das ich gar nicht eingeplant hatte. Der von weitem sichtbare Bau hat mich dann aber doch interessiert und komoot sei Dank ging es mal wieder durch einen riesigen Friedhof am Hang. Das Denkmal ist den 26 Christen gewidmet, die am 5. Februar 1597 hier hingerichtet wurden.
Da es schon langsam angefangen hat zu dämmern und ich unbedingt auf den Mount Inasa wollte für die tolle Aussicht bin ich noch einen km zu einer Busstation gelaufen, von dem ein Bus bis zum Parkplatz fast auf der Bergspitze fuhr. Nach 20 Minuten Kurverei war man auch schon oben. Lustigerweise ging es hier dann entweder noch einmal ca. 15 Minuten 150 Meter über Treppen rauf, oder man nahm eine Standseilbahn für 5 Euro. Ich bin gelaufen.
Der Ausblick oben hat sich wirklich gelohnt, der Blick zum Sonnenuntergang und das beleuchtete Nagasaki waren wirklich toll.
Die gesamten 13,8km des heutigen Spazierganges findet ihr hier bei Komoot.
Zum Abendessen musste ich heute unbedingt Champon essen. Diese Spezialität aus Nagasaki ist eine chinesisch inspirierte Nudelsuppe mit Meeresfrüchten frittiertem Fleisch und Gemüse. Ein recht gut bewertetes kleines Restaurant habe ich fast ums Eck vom Hotel gefunden. Der offensichtliche Familienbetrieb war richtig herzlich, der Papa stand offenbar in der Küche, die Mama saß am Tresen und hat meine Bestellung aufgenommen und der Junge hat meinen Platz hergerichtet und das Essen gebracht.
Sehr herzlich, Englisch konnte zwar niemand sprechen, aber mit Google Translate geht dann doch alles. Leider war ich von der hoch gelobten berühmten Champon Nudelsuppe dann nicht so begeistert, Irgendwie war das einfach wie alles was noch da war in eine Suppe geworfen und sehr schwach gewürzt. Muss ich nicht nochmal essen.
Friedenspark, Atombomben-Museum und Weiterreise
Heute gegen 14 Uhr ging der Zug weiter nach Fukuoka, meine letzte Station in Japan dieses Mal. Ich hatte also noch genug Zeit heute früh, um mir den Friedenpark und das Museum anzuschauen, das beides etwa 4km außerhalb liegt. Aber das ist schließlich die Hauptsehenswürdigkeit hier.
Der Friedenspark in hier Nagasaki war interessant mit vielen Skulpturen die an den Atombomben-Abwurf vom 9.8.1945 erinnern, viele davon Spenden anderer Nationen. Am eindrucksvollsten ist dabei zentrale fast 10m hohe Friedensstatue, die am 1.4.1955 eingeweiht wurde. Hier findet auch jährlich am 9. August eine Friedenszeremonie statt.
Unweit davon habe ich das Atombomben-Museum besucht. Hier ist wird alles zur Zündung der Bombe über Nagasaki gezeigt, die Auswirkungen und die Zerstörung, auch die Geschichte der Atombombe und was unternommen wird, um so etwas nie wieder geschehen zu lassen. Ein Modell einer Atombombe ist zentral im Museum ausgestellt.
Bevor ich in den Zug nach Fukuoka stieg, habe ich mir in einem Restaurant am Bahnhof noch leckeren frittierten Fisch mit Miso und Gemüse gegönnt.
Fazit zu Nagasaki: Sehenswerte Stadt, aber die zwei Nächte die ich hier war waren auch ausreichend. Die Stadt ist recht klein und die wirklich sehenswerten Dinge sind überschaubar. Hiroshima vorher hat mir deutlich besser gefallen, nicht nur was die Aufarbeitung der Geschichte angeht, sondern auch das ganze Leben in der Stadt selbst.
Auf nach Fukuoka, der Ramen-Hauptstadt Japans!
Meine gesamte Japan-Reise 2024: